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 WORKSHOP 1: Mit dem Körper auf Erfahrungssuche: 
Extremsport und Extremerfahrungen in der Natur 
  
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Inhalt 
Alle sinnlichen Wahrnehmungen, alle Erlebnisse, alle daraus gewonnenen 
Erfahrungen über die Innen- und Außenwelt werden mit dem Körper gemacht. So wie 
der Körper selbst, so sind auch seine Erfahrungen individuell erlebt, 
gesellschaftlich geprägt und kulturell überformt.
  
Welches sind die Körpertechniken und körperlichen Rahmenbedingungen, die andere 
Kulturen nutz(t)en, um innere Vorgänge, zielführende oder bewusstseinerweiternde 
Erfahrungen oder Schritte zur inneren Vervollkommnung zu steuern?
 
Was verstehen wir heute noch von den Lernplätzen der Religionsstifter, Mystiker 
und Schamanen: Wüste, Höhle, Wasser, Dunkelheit, Einsamkeit, wo sie zu sich 
selber und zur Erkenntnis kamen? Wie weit sind ihre Techniken, z.B. Fasten, 
Schweigen, Meditieren, energetisches Atmen, als kostenlose Körperkünste den 
Knechten der heutigen Konsumgesellschaft noch vermittelbar?
 
Ist es die Reizreduktion, die zu besonderen Erfahrungen führt? Oder ist es beim 
Extremsport wie bei sonstiger Extremerfahrung in der Natur die Reduktion der 
Wahrnehmung auf das Wesentliche, das schlichte Überleben und Weiterkommen?
 
Wird unsere Gesellschaft deswegen gern als "Erlebnisgesellschaft" bezeichnet, 
weil sie genauso erlebnisarm wie erlebnissüchtig ist? Was unterscheidet 
Erlebnisse von Erfahrungen, wie reifen Erlebnisse zu Erfahrungen? Warum soll 
Pädagogik mit Erlebnissen arbeiten, warum sollen Erfahrungen in der Natur 
gesucht werden, warum ist Extremsport ein extremes Sinnbild unserer 
sicherheitsorientierten Kultur, warum hat all das mit der Suche nach Sinn zu tun 
- warum haben unsere Gesellschaft und Wissenschaft Angst, die Sinnfrage zu 
stellen?
 
Führt uns unser Sicherheitsstreben gleichzeitig zur Risikovergessenheit und zur 
Risikobesessenheit, führt uns die Erlebnissucht auf die Suche nach einem 
selbstinszenierten Extrem-Ereignis, für das es sich lohnt, vieles oder sogar 
alles zu riskieren? Kann man Existenzerfahrungen machen, wenn man seine Grenzen 
überschreitet?
 
Versucht nach dem Verlust der alten Zwangssicherheiten im Rahmen 
gesellschaftlicher Individualisierungsprozesse die neue Konzentration auf den 
Körper nunmehr Funktionen zu erfüllen, die früher der Religion zustanden? Wird 
der Körper als Erlebnisraum im Rahmen allgemeiner Verunsicherung immer 
wichtiger, weil er das letzte Authentische zu sein scheint, was uns bleibt?
 
Wenn der Körper das Medium aller Erlebnis-, Erfahrungs- und Sinnsuche ist - 
lassen sich dann aus Körper-, Sport- und Religionssoziologie Ansätze 
herauslösen, die uns zu einer Soziologie der Erfahrungs- und Sinnsuche führen?
  
Es gilt, den von Sozialwissenschaften vernachlässigten, menschliches Streben 
kennzeichnenden und die Gesellschaften prägenden Einfluss von menschlichen 
Erfahrungen, im Körper gemachten Erlebnissen und Erfahrungen, wieder 
soziologischer Aufmerksamkeit zuzuführen.
  
Der Workshop beginnt mit einer kurzen Einführung in die Körpertechniken und 
Rahmenbedingungen, mit deren Hilfe unterschiedliche Kulturen Erfahrungen zu 
machen suchten. Im Übrigen sollen die vorstehenden Fragen mit den Teilnehmern 
diskutiert werden. Aus der Arbeit des Referenten erhalten die Teilnehmer einen 
Text "Hemmunglos erleben - Körperliche Grenzen und spirituelle Horizonte" und 
eine Tagungsbroschüre "Extremsport und Erfahrungssuche in der Natur. 
Existenzerfahrungen, Grenzüberschreitungen, Erlebnispädagogik".   |   
 
  
  
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 WORKSHOP 2: Körpernormen und Ernährungsempfehlungen. 
Ein Beitrag zur Geschichte der Normierung und Objektivierung 1900-1940
 
  
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Inhalt 
  Mit dem Aufkommen einer modernen naturwissenschaftlich ausgerichteten Medizin 
waren seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert auch Versuche verbunden, den 
körperlichen Zustand des Menschen "objektiv" einzuschätzen. Das (antike) 
ebenmäßige Ideal des Menschen wurde ergänzt durch einen Blick auf die reale 
Leiblichkeit, auf quantifizierbare Daten von Länge, Breite und Gewicht. Vermehrt 
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden diese empirischen Informationen zu 
Aussagen über den Körper eines fiktiven Durchschnittsmenschen verdichtet. Ziel 
war es nicht allein, zwischen verschiedenen Gruppen, Altern, Geschlechtern 
präzise zu scheiden, sondern insbesondere die Folgen der Industrialisierung auf 
die Unterschichten und das "Volk" genauer benennen zu können. Anthropologen und 
Statistikern extrapolierten dazu aus bestehenden Daten mathematische Formeln, 
der Einzelkörper galt als Bruchteil der Gattung. Seit den 1880er Jahren 
intensivierte sich die Datenproduktion, abseits von Militär und 
Minderbemittelten sammelten vor allem Versicherungs- und Schulmediziner 
Körperdaten. Sie erweiterten den Korpus "objektiver" Informationen, boten seit 
den 1890er Jahren die Basis für einfach handhabbare Durchschnittstabellen über 
den Körperzustand "normaler" Menschen. Sie bildeten zugleich die Grundlage für 
intensive Bemühungen seit der Jahrhundertwende, mittels einfacher Formeln den 
körperlichen Zustand Einzelner durch die Kenntnis einiger weniger äußerer 
Körperdaten präzise einordnen zu können. An die Stelle des differenzierenden und 
individualisierenden körperlichen Blickes des Mediziners trat ein abstraktes 
Wissen um die Körpernorm, die Basis für Rat und Intervention wurde.
  Diese Körpernormen hatten jedoch ihre klaren Grenzen. So wurde in 
Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg intensiv um die Einschätzung von 
"Unterernährung" gerungen, war die Wahl "richtiger" oder "falscher" Normen doch 
Grundlage für eine angemessenen oder aber überbordende sozialstaatliche 
Intervention. Die Hungerkatastrophe des Ersten Weltkrieges (auch Ausfluss 
fragwürdiger Kostmaße), die sich tief in die Körper der Deutschen fraß, 
verdeutlichte Probleme statistischer Abweichungen und individueller Bedürfnisse. 
Das Beispiel der Quäkerspeisung seit 1919 zeigt, wie auf Basis "objektiver", 
gleichwohl offenbar unangemessener Körpernormen Millionen von Schulkindern nicht 
die Hilfe bekamen, die ihnen aufgrund ihres schwächlichen Körperzustandes 
zugestanden hätte. Die Folge dieser wachsenden Probleme der Objektivierung des 
Körperzustandes waren gravierend: Zum einen wurde die empirische 
Grundlagenforschung intensiviert, darauf hoffend, so ein genaueres Ab- und 
Vorbild der Körper geben zu können. Zum anderen vertiefte sich der Körperblick, 
wandte sich von äußerlichen Indikatoren zunehmend auf körperinnere 
Funktionszusammenhänge. Der Körper galt immer weniger als Resultante sozialer 
Rahmenbedingungen, sondern "objektivierbarer" Stoffwechselprozesse.
 Deren Kenntnis wurde durch biochemische Grundlagenforschung schon vor dem 
Ersten Weltkrieg auf eine konzeptionell neue Grundlage gestellt. Essentielle 
Fette, Aminosäuren, vor allem aber Mineralstoffe und die 1911 benannten Vitamine 
traten in ihrer Bedeutung für den Körperaufbau zunehmend in das Bewusstsein von 
Medizinern und Hygienikern. Das relative Scheitern einer auf einseitig kalorisch 
ausgerichteten Kostmaßen gründenden Ernährungspolitik führte spätestens seit 
Mitte der 1920er Jahre zu intensivierten Diskussionen über Körper und Gesundheit 
eindeutig fördernde Normen und Empfehlungen.
 Ziel dieser Optimierungs- und Aufzuchtsbestrebungen war ein 
leistungsfähiger Körper, eine funktionsfähige Biomaschine. Ihre Motive lagen 
nicht allein in rassenhygienischen Vorstellungen, sondern waren durchaus 
sozialer Natur. Es galt weiterhin, gerade in den sozialen Unterschichten Armut 
und Krankheit zu bekämpfen, um so allen Bevölkerungsschichten gleiche Chancen 
zur Ausbildung ihrer von der "Natur" her möglichen Normkörper zu ermöglichen. 
Normen dienten dabei nicht allein als Bewertungsmaßstab, sondern auch als 
Handlungshorizont.
Dazu wurden Ernährungsempfehlungen und Körpernormen miteinander gekoppelt, 
wurden zur Grundlage wissenschaftlicher Anspruchshaltungen an eine "rationale" 
Biopolitik. Ihre zukunftsweisendste Form fand sie in Völkerbundempfehlungen der 
1930er Jahre, die historische Grundlage der heutigen Ernährungsempfehlungen 
bilden. Sie wurde jedoch ebenso (etwa im Deutschen Reich) in rassistische 
Kontexte eingebunden, in der "gesunde" und dienstbarer Körper gefördert, 
"kranke" und "anormale" dagegen verhindert und getilgt werden sollten.
 Das deutsche Beispiel kann zugleich verdeutlichen, dass es seit den 1930er 
Jahren eben nicht mehr nur darum ging, große Gruppen mittels Normen und 
Empfehlungen im Krisenfalle gesundheitlich organisieren zu können, sondern dass 
es zunehmend galt, diese Gruppen selbst zu gewinnen: Internalisierung von 
wissenschaftlichem Körperwissen und die Ausbildung intrinsischer Motivation zur 
"gesunden" Lebensführung wurden zu Zielen einer neuartigen Körper- und 
Gesundheitsaufklärung. Sie etablierten vor dem 2. Weltkrieg Wissens- und 
Vermittlungsformen, die teils bis heute gelten. Sie in ihrer 
(wissenschafts-)historischen Bedingtheit zu reflektieren kann sicher helfen, 
Sinn und Unsinn heutiger Körpernormen und Ernährungsempfehlungen fundiert 
abzuwägen.
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 WORKSHOP 3: Biosociality/Biosozialität. Die Gene, der Körper und die 
Gemeinschaft. 
Kritische Diskussion eines Konzepts
 
  
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Inhalt 
  Der Begriff "biosociality" wurde 1992 vom Anthropologen und 
Wissenschaftsforscher Paul Rabinow geprägt und hat als "Biosozialität" auch in 
die deutschsprachige Diskussion Eingang gefunden. Mit dem Begriff wird kritisch 
reagiert auf die Diagnose einer "Biologisierung/Genetisierung des Sozialen". Die 
Bedeutung von Gendiagnostik und Gentechnologie, so wird argumentiert, sei mit 
dieser Diagnose nicht angemessen erfasst, weil sie auf der Grundlage einer 
Unterscheidung von Natürlichem und Kulturellem operiere. Herausragendes Merkmal 
der Gegenwart aber sei es gerade, dass sie diese Unterscheidung unterlaufe, 
werde doch Natur biotechnologisch verfügbar, während das Soziale von 
biologischem Wissen und biotechnologischer Intervention gestaltet werde. Oder, 
so sinngemäss die Fassung des Begriffs "biosociality" durch Paul Rabinow: "Natur 
wird künstlich" und "Kultur wird natürlich". Geht es beim Begriff "biosociality" 
in diesem grundsätzlichen Sinn um die Überwindung der Dichotomie Natur/Kultur, 
so wird er auch mit konkreten Phänomenen empirisch gefüllt. So werden als 
"biosociality" etwa neue Formen der Vergemeinschaftung beschrieben, die sich 
dort beobachten/prognostizieren lassen, wo sich Individuen infolge der Diagnose 
genetischer Krankheitsdispositionen zu Interessengruppen oder Selbsthilfegruppen 
zusammenschliessen. Der Körper bzw. das Wissen über körperliche Veranlagungen 
wird hier zur Grundlage von Vergemeinschaftung und ev. in einem weiter 
reichenden Sinne auch von sozialer Strukturierung. 
Im Workshop soll zum einen das Konzept "biosociality" vorgestellt und anhand 
einschlägiger Textstellen nachvollzogen werden. Zum andern geht es um die 
kritische Diskussion: Auf welche empirischen und theoretisch-konzeptuellen 
Probleme antwortet das Konzept? Ist es plausibel? Welche Phänomene lassen sich 
mit dem Begriff fassen? Wird damit Gegenwart zeitdiagnostisch beschrieben? 
Welches historische Argument verbirgt sich hinter dem Konzept bzw.: ist das, was 
der Begriff beschreibt, "neu"? 
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 WORKSHOP 4: Le corps engendré, sexualisé et handicapé à travers les idées 
eugéniques 
  
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Contenu 
La sociologie du corps propose que la perception du 
corps varie selon les époques et les cultures. Dans la culture occidentale le 
corps est au centre de différentes exigences, souhaits et obligations en ce qui 
concerne sa forme et son apparence et les processus de normalisation exigent que 
le corps contemporain doive être «sain, beau et sexy». Le workshop sera 
intéressé particulièrement comment le corps sain était constitué, réglementé et 
administré dans un contexte historique afin de réfléchir sur la durabilité de 
ces idées dans un contexte contemporain. Le cas d'étude ici sera la construction 
et la régulation du corps engendré, sexualisé et handicapé en Suisse dans la 
première moitié du XXe siècle. 
 
 Le contexte historique est encadré par les idées et les pratiques 
eugéniques qui reposait sur la crainte de la d dégénérescence et l'idée que 
l'amélioration de la population peut être obtenue par la maîtrise scientifique. 
Le but étant de contrôler la reproduction afin de sélectionner les variations 
génétiques favorables et d'éliminer avant la fécondation (par interdiction du 
mariage ou stérilisation) ou après (par infanticide ou avortement) celles qui 
semblaient défavorables. Central aux idées eugéniques aussi que les pratiques 
était la sexualité, le comportement sexuel de la population et ainsi le corps 
avec ses pratiques incorporées (embodied practices). Les politiques des 
démocraties européennes de la période entre guerre témoignent de ce que le corps 
des femmes en tant que le corps reproducteur a été surinvesti durant la XXe 
siècle. Corps nationalisé, corps enrégimenté, en tant que «corps de la nation» 
(« Volkskörper »), le corps des mères était l'enjeu de dispositifs expérimentaux 
concrets, d'agenda collectif complexes et parfois contradictoire. Néanmoins, il 
ne s'agissait pas d'un corps féminin universel mais d'un corps différencié, en 
tant que des identités incorporées, à la conjonction avec d'autres structures de 
pouvoir aussi que, par implication, avec le corps masculin. 
 
 La disciplinarisation et l'administration du corps féminin et masculin 
seront ainsi examinés prenant en compte la construction normative de la 
sexualité
et le handicap. La représentation, la construction et la manipulation des corps 
dans la société et pour le bénéfice de la société ainsi encadrent les questions 
sur l'idée du corps parfait et l'importance durable du corps dans la théorie de 
la société. Les participants seront fournis avec des matériaux de travail pour 
le workshop.
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